Demokratie als Idee und Wirklichkeit - Rosa-Luxemburg-Stiftung (2024)

Erstes Doktorandenseminar der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

von Hella Hertzfeldt, Katrin Schäfgen (Hrsg.)

Manuskripte39 der RLS

Inhalt

Vorwort

MATTHIAS GATZEMEIER: Das allmähliche Werden der Athenischen Demokratie – ideelle Konzeption oder realhistorischer Zwang?

I. Demokratiehistorische und -theoretische Debatten

OLAF MIEMIEC: Zwischen Parlamentarismus, revolutionärer Demokratie und Diktatur. Zum Begriff der Diktatur des Proletariats bei Marx, Engels und Lenin

MIRIAM SACHSE: ”Da wir nicht wählen können, so müssen wir um so mehr wühlen.” Die proletarische Frauenzeitung ”Die Gleichheit” (1891 – 1923) als Beispiel weiblicher Teilhabe an Öffentlichkeit und Demokratie im deutschen Kaiserreich

STEFFEN KACHEL: 1918 und 1945: Zum sozialdemokratischen Verständnis von Demokratie und Sozialismus an zwei Bruchstellen der jüngeren deutschen Geschichte

JÜRGEN NORDMANN: ”Eine lange Mauer für die Demokratie”. Karl Poppers Demokratieverständnis

NAIF BEZWAN: Repräsentation und Volkssouveränität. Zur Idee und Wirklichkeit eines Begriffspaares in den Theorien moderner Demokratie

PETER BIRKE: ”Das Gefühl, in allen wichtigen Fragen mitentscheiden zu können...” Zum Diskurs über Mitbestimmung am Arbeitsplatz und ”industrielle Demokratie” in der Bundesrepublik bis ca. 1973

THOMAS SCHUBERT: Rudolf Bahro und ”Die Befreiung aus dem Untergang der DDR”

II. (Ent-)Demokratisierungsprozesse in der gegenwärtigen Entwicklung

KLAUS LEDERER: ”Wasserpolitische” Entwicklungshilfe und die Entwicklung kommunaler Wasserdienstleistungen in der Bundesrepublik

CHRISTINE KETZER: Technische Überwachungssysteme in der Demokratie. Vom Werden der Kontrollgesellschaft

OLAF KALTMEIER: Wechselwirkungen zwischen Sozialen Bewegungen und Demokratie. Das Beispiel der Mapuche-Bewegung in Chile

SABAH ALNASSERI: Demokratie resistent? Zu Fragen demokratischer Veränderung im arabischen Raum

MICHAEL EFLER, RALPH KAMPWIRTH: Die Zeit ist reif. Volksabstimmung in Deutschland: Argumente, Fakten und Perspektiven

Vorwort

”Demokratie” – obwohl ein Schlüsselbegriff (nicht nur) in den modernen Politikwissenschaften – verfügt bis heute über keine allgemein akzeptierte Definition. Was ”Demokratie” (griech.: demos = Volk und kratein = herrschen, d.h. ”Volksherrschaft) ist, hat über die Jahrhunderte eine Reihe inhaltlicher Modifizierungen erfahren. In der aktuellen Diskussion konkurrieren eine Reihe unbefriedigender Definitionsversuche, die jeweils ein Element der Demokratie in den Vordergrund stellen und mit dieser identifizieren: Volkssouveränität, Partizipation, allgemeine und freie Wahlen, Gewaltenteilung, Rechts- und Sozialstaatlichkeit.

Das Studienwerk der Rosa Luxemburg Stiftung widmete daher ihr erstes Doktorandenseminar, das im Oktober 2002 in Berlin stattfand, dem Thema ”Demokratie als Idee und Wirklichkeit”. Dieses verfolgte dabei eine Reihe von Zielen: so sollten demokratiehistorische und demokratietheoretische Entwicklungen vorgestellt, diskutiert und mit aktuellen Entwicklungen in Zusammenhang gebracht werden. Neben dieser theoretischen Auseinandersetzung um den Begriff und die Entwicklungen von Demokratie diente dieses Seminar der aktiven Förderung der Doktoranden. Diesen sollte ein ”Raum” geschaffen werden, in dem sie ihre Forschungsergebnisse einem größeren Kreis vor- und zur Diskussion stellten. Dies erweist sich vor allem für diejenigen der Promovierenden von Vorteil, die an ihren Universitäten nicht in fachspezifische Kontexte wie Forschungs- oder Promotionskolloquien eingebunden sind.

Die Veröffentlichung der Beiträge des Doktorandenseminars zielt wiederum darauf, die Forschungsergebnisse unserer Promotionsstipendiatinnen und -stipendiaten einem größeren Kreis zugänglich zu machen.

Den Einstieg in das Thema ”Demokratie als Idee und Wirklichkeit” bot Matthias Gatzemeier, Vertrauensdozent der Rosa Luxemburg Stiftung, mit der Darstellung der Genese der Athenischen Demokratie als Ausgangspunkt aller demokratischen und demokratietheoretischen Entwicklungen. Dabei ging er von der These aus, dass die Herausbildung der Demokratie Ergebnis realhistorischer Zwänge war und sie sich erst in ihrer weiteren Entwicklung in ideellen Konzeptionen niederschlug.

Demokratiehistorische und -theoretische Debatten bildeten einen ersten großen Schwerpunkt. In diesem Rahmen setze sich Olaf Miemiec mit dem Begriff der Diktatur des Proletariats bei Marx, Engels und Lenin auseinander. Mirjam Sachse beschrieb Chancen und Grenzen weiblicher Partizipation an Öffentlichkeit und Demokratie im deutschen Kaiserreich. Steffen Kachel untersuchte sozialdemokratische und kommunistische Demokratievorstellungen am Beispiel Karl Kautskys, Kurt Schumachers und Herrmann Brills zwischen 1918 und 1945. Jürgen Nordmann kam in seiner Analyse von Karl Poppers Demokratieverständnis zum Ergebnis, dass dieses auf eine ”Methodendemokratie” reduziert ist und einem neoliberalen Demokratieverständnis entspricht. Naif Bezwan thematisierte das Verhältnis von Repräsentation und Volkssouveränität – den beiden Polen der demokratie-theoretischen Diskussion – in modernen Demokratietheorien. Die Debatte um die Wirtschaftsdemokratie und Mitbestimmung, wie sie in den Streikbewegungen in der Bundesrepublik zwischen 1967 und 1973 geführt wurde, stellte das Thema von Peter Birke dar. Und in der Darstellung des unveröffentlichten Essays von Rudolf Bahro ”Die Befreiung aus dem Untergang der DDR” durch Thomas Schubert wurde deutlich, wie vieldeutig interpretierbar dieses ist und welchen Missdeutungen es ausgesetzt ist/war.

Ein zweiter großer Themenblock war den (Ent-)Demokratisierungsprozessen in der gegenwärtigen Entwicklung gewidmet. So problematisierte Klaus Lederer die Privatisierungsbestrebungen in der Entwicklungshilfepolitik der Bundesrepublik im Zugang zu Wasser. Christine Ketzer wies in ihrem Vortrag nach, wie durch die Möglichkeiten technischer Überwachung die Gefahr einer Kontrollgesellschaft wächst. Die Probleme der indigenen Mapuche, die sich aus der neoliberalen Entwicklung Chiles ergeben, wurden von Olaf Kaltmeier eindrücklich dargestellt. Sabah Alnasseri beschrieb die Chancen demokratischer Entwicklungen im arabischen Raum.

Der Abschlussvortrag von Michael Efler und Ralph Kampwirth zur direkten Demokratie stellte zum einen den aktuellen Bezug zur politischen Diskussion um mehr Demokratie in Deutschland her und schloss zugleich den Bogen zum Ausgangspunkt des Seminars: der athenischen Demokratie, die als direkte Volksherrschaft ausgeübt wurde.

Das Doktorandenseminar ”Demokratie als Idee und Wirklichkeit” erwies sich als äußerst fruchtbare Diskussion über demokratiehistorische, -theoretische und aktuelle Entwicklungen und als hervorragende Gelegenheit für unsere Doktoranden, ihre Promotionsthemen vor- und zur Diskussion zu stellen. Das hohe wissenschaftliche Niveau des Seminars wie die breite Zustimmung der Beteiligten bestärken uns in unserem Vorhaben, diese Seminare zu einer regelmäßigen Veranstaltungsreihe weiterzuentwickeln.

Dr. Katrin Schäfgen

Leiterin des Studienwerks

Demokratie als Idee und Wirklichkeit - Rosa-Luxemburg-Stiftung (2024)

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